Wie ich tschechisch lerne

Schon seit sechs Jahren lerne ich die tschechische Sprache. Mal mit größerer, mal mit geringerer Intensität. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich würde keine Fortschritte machen, jedoch beim nächsten Besuch in Prag spürte ich dann immer eine kleiner Verbesserung. Das gab mir dann immer den nötigen nächsten Schub an Motivation.

Meist lernen wir ja neue Sprachen in der Schule oder später vielleicht auch an der Hochschule, ausgenommen hiervon natürlich im mehrsprachigen Elternhaus. Damals habe ich die Möglichkeiten kaum genutzt und habe auch wenig Wert darin gesehen. Umso mühseliger und vergeblicher waren für mich dann meine späteren Versuche. Beispielsweise versuchte ich später nochmal mein Französisch zu verbessern, was dann aber bald anderen Aktivitäten wieder zum Opfer gefallen ist.

Aber eine Ehefrau mit tschechischen Wurzeln hat mich dann wieder angeregt, diese Sprache als zweite Familiensprache bei uns zu etablieren. Jedenfalls meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten. Dabei stehe ich zwar nicht mehr ganz am Anfang, es ist aber auch noch einiges an Wegstrecke zu bewältigen. Dafür sind die nächsten Monate in Prag gedacht.

Beileibe bin ich nun kein Experte im Sprachenlernen, in den vergangenen Jahren habe ich jedoch ein paar Erfahrungen machen können. Die schlechte Nachricht ist, daß es bei der Sprache wie bei vielen neuen Dingen im Leben auf Wiederholungen ankommt. Grammatik, Satzkonstruktionen, Wörter. Das Zauberwort hier heißt wieder, wieder und wieder.

Ich lerne auf verschiedene Art und Weise. Neue Wörter recht traditionell mit Karten und gelegentlich mit Apps. Das sind dann am Anfang zunächst recht abstrakte Verknüpfungen in meinem Kopf. Tschechisches Wort zu deutschem Wort. Gelegentlich (und hier in Prag natürlich jetzt öfter) kommt dann der Moment, den ich für mich als Einbrennen, als Burn-In Moment deklariert habe. Wörter, die ich so abstrakt schon kannte, erhalten beim Zuhören oder im Gespräch einen Kontext, eine Erinnerung. Ab dem Moment stehen sie mir meist auch etwas besser beim Sprechen zur Verfügung. Manchmal geschieht das auch spontan. Als Oma beispielsweise im Garten Krümmel vom Tisch fegte mit den Worten „Pro mravence“ („Für die Ameisen“) hat sich dieses Wort (singular: mravenec) für immer bei mir eingebrannt. Die Macht des Erlebens, der Bilder und des Kontextes sind halt unübertroffen. Aber ohne meine Karten würde sich mein Wortschatz wohl eher langsamer bilden, daher weiter damit. Zusätzlich schreibe ich noch Übungstexte und versuche hin und wieder zu lesen. Alles in allem ein etwas kopflastiger Ansatz.

Simon lernt mit seinen knapp 6 Jahren natürlich völlig anders. Seine Mutter hat seit seiner Geburt geduldig auf tschechisch mit ihm gesprochen und er antwortete (bis auf einige Wörter) immer auf deutsch. Hier nun ist er in der Kita aber darauf angewiesen auch tschechisch zu sprechen. Und Simon nimmt diese Herausforderung mit einer Begeisterung an, die mir erheblichen Respekt abnötigt. Und er hat keine Scheu. Er spricht alle Leute einfach so an, wie es sich gerade in seinem Kopf formt. Mit deutschen Einsprengseln, kreativer Grammatik und eigentümlichen Satzkonstruktionen. Dabei lernt er immer mehr dazu, überschreibt wieder etwas in seinen Erinnerungen fügt neues hinzu. Das Feuerwerk der Neuronen kann ich mir dabei kaum vorstellen. Und da er damit einen Großteil des Tages verbringt wird er mich bald links und rechts überholt haben, während ich immer noch nachdenke, ob mein letzter gesprochener Satz komplett richtig war und warum ich dieses eine Wort schon wieder vergessen hatte.

Aber ich gebe nicht auf. Mit Hilfe von Magda, Oma, meiner Lehrerin und allen anderen, werde ich dranbleiben. Und wenn das Wetter wieder schöner wird, Corona vielleicht etwas weniger, dann können wir uns auch womöglich wieder mehr mit anderen treffen, um mein kleines Feuerwerk im Kopf etwas mehr zum Leuchten zu bringen.

2 Kommentare zu „Wie ich tschechisch lerne

  1. Lieber Kevin, schön dass du auf die Idee gekommen bist, deine Gedanken zu formulieren und uns an deinem Leben teilnehmen zu lassen. Freut mich besonders weil du eine wunderbare Art zu schreiben hast, deine Berichte über Simons Werden vor 6 Jahren haben mich damals sehr beeindruckt. Also hoffentlich findest du auch in Zukunft immer wieder Zeit , deine Gedanken aufzuschreiben und uns teilhaben zu lassen. Und hoffentlich hast du natürlich bald Gelegenheit, wieder mit mehr Menschen auch tschechisch zu sprechen. Lisa

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