Über Prag

Was kann ich schon über Prag erzählen? Leider noch nicht viel. Erstens bin ich ja noch gar nicht lange in der Stadt und war vorher auch immer nur wochenweise zu Besuch. Zweitens haben wir Corona und damit beschränkte Erlebnismöglichkeiten. Ich versuche es trotzdem.

Prag ist hügelig. Und zwischen den Hügeln liegen Täler. Deshalb erblickt man oft etwas auf der anderen Seite, vielleicht ein interessantes Gebäude, was zur näheren Betrachtung einlädt. Die reelle Entfernung dahin zeigt sich aber erst auf dem Weg, da man erst runter und dann wieder hoch muss. Und da die Hügel recht steil sind, sind die Straßen auch nicht gerade. Dadurch längt sich doch der eine oder andere Spaziergang. Im weiten Tal unten, links und rechts der Moldau liegt aber der größte Teil der Stadt. Dort ist es auch vergleichsweise eben. Die Moldau hat bei der Geologie von Prag natürlich einen großen Einfluss, hat sie doch im Laufe der Zeit das große Tal geformt.

Die berühmte Altstadt ist gewöhnlich völlig überlaufen. Das ist jetzt natürlich anders, eine Folge der Pandemie. Hotels sind geschlossen, ebenso Bars und Restaurants. Noch dazu alle Sehenswürdigkeiten. Und so können die Prager einmal selbst ihre Stadt genießen. Zu normalen Zeiten wagt sich sonst nämlich kein Einwohner mehr in die touristischen Bereiche. Es sei denn, eine geschäftliche Angelegenheit lässt dies unvermeidbar erscheinen. Wir sind dieser Tage öfters mal an der Burg vorbei über die Kleinseite hinunter gegangen und querten den Fluß über die Karlsbrücke. Wochentags trifft man nun dort fast auf keine Menschenseele und ich konnte Photos machen, die sonst undenkbar wären. In der Altstadt selbst ist es tot. Es gibt dort auch fast keine normalen Geschäfte mehr und auch viel weniger Einwohner. Im Jahre 1980 wohnten noch 52.000 Einwohner in Prag 1, einem Stadtbezirk, der neben der Altstadt auch die Burg und die Kleinseite umfasst. Heute wohnen dort schon weniger als 30.000 Pragerinnen und Prager, Tendenz weiter fallend. Viele Wohnungen sind zu Touristenunterkünften umgewandelt worden. Auch generell ist die Bevölkerungsdichte natürlich gesunken. In nahezu allen städtischen Bezirken hat die Bevölkerung insgesamt abgenommen, obwohl die Bevölkerung in den letzten 40 Jahren von 1,18 auf 1,32 Millionen gestiegen ist. Gewachsen sind dabei nur die Außenbezirke. Das ist auch nicht verwunderlich, denn wie auch in vielen anderen Städten steigt die Anzahl der Quadratmeter, die pro Person zur Verfügung stehen. Im Haus meiner Schwiegermutter in Prag wohnten in den 1950er Jahren 22 Menschen, verteilt auf 5 Wohnungen. Heute wohnen dort in der Regel 8 Menschen in 4 Wohnungen. Die Anzahl der Wohnungen hat sich dahingehend verändert, daß im Souterrain eine dazu, aber in den Geschossen jeweils eine durch Zusammenlegung abhanden gekommen sind.

Das alltägliche Leben findet für die Prager in ihren Vierteln statt. Dort gibt es noch eine funktionierende Landschaft aus kleinen Läden. In unserer Nähe liegt das beliebte Viertel Dejvice. Dort gibt es noch fast alles in überwiegend kleinen Läden, da der Platz für große Supermärkte auch fehlt. Das Viertel ist heute sehr beliebt und wer dort lebt oder einkauft hat meist auch den passenden Geldbeutel. Gefühlt ist jeder dritte Laden in manchen Straßen ein Blumengeschäft gefolgt von Feinkostgeschäften und Vinotheken. Natürlich siedelten sich dort auch beliebte Cafés und Restaurants an, so daß der moderne Mensch weder auf den berüchtigten Latte Macciato noch auf ein veganes Mittagessen verzichten muß.

Geld sollte man auf jeden Fall mitbringen. Die Immobilienpreise steigen und steigen und wer nicht gut verdient oder vielleicht geerbt hat, wohnt dann irgendwann eher in den Außenbezirken mit ihren markanten Plattenbausiedlungen. Prag ist eben eine reiche Stadt und ist vom Wohlstand mit Paris vergleichbar. Trotz Touristen und Gentrifizierung ist Prag immer noch eine sehr lebendige und lebenswerte Stadt. Und die Touristen tragen ja schließlich auch eine Menge Geld hierher.

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